Darmmikrobiota mit Fettleibigkeit und psychischen Erkrankungen verbunden, zeigt das EU-finanzierte Projekt “MyNewGut”

17 December 2018

Nach einer fünfjährigen Forschung hat das EU-Projekt “MyNewGut”, das aus dreißig Organisationen aus fünfzehn Ländern besteht, seine wissenschaftlichen Ergebnisse über den Einfluss der Darmmikrobiota auf die körperliche und geistige Gesundheit veröffentlicht.

MyNewGut partners Brussels

Die MyNewGut Projektpartner auf der letzten MyNewGut Mitgliederversammlung am 17.10.2018 in Brüssel.

Die Forschungsergebnisse wurden auf der letzten Konferenz am 18.10.2018 im Stanhope Hotel in Brüssel präsentiert, und werden eine entscheidende Rolle bei der künftigen Entwicklung von effektiveren, auf die Därme ausgerichteten Behandlungen spielen, mit dem Ziel, Fettleibigkeit, metabolisches Syndrom und Verhaltensstörungen wie Ess- und emotionale Störungen zu bekämpfen.

Neue Darmbakterie könnte zur Bekämpfung von Fettleibigkeit und psychischen Erkrankungen beitragen

Das MyNewGut Projekt hat bei gesunden Menschen Bakteriengattungen und Stämme entdeckt, die im Kampf gegen Fettleibigkeit, Stoffwechselstörungen und mit Stress und Fettleibigkeit verbundenen psychische Erkrankungen  (z.B. Depression) wirksam zu sein scheinen. Diese beeinflussen das Hormon- und Immunsystem , die sich sowohl auf unsere körperliche, als auch auf unsere geistige Gesundheit auswirken.

Der Bakterienstamm ‘Bacteroides uniformis CECT 7771’ hat eine präklinische Wirksamkeit auf Stoffwechselstörungen und Immunschwächen bei fettleibigen Menschen erwiesen. Er führt unter anderem zur Absenkung der Serumtriglyzeride und der Glukoseintoleranz, sowie zur Reduzierung der Gewichtszunahme und Entzündungen.

Bifidobacterium pseudocatenulatum CECT 7765 hat sich in präklinischen Untersuchungen als wirksam bei der Verringerung des depressiven Verhaltens erwiesen. Der Bifidobacterium longum Bakterienstamm hat in einer doppelt verblindeten, Placebo-kontrollierten Studie bei Menschen eine positive Wirkung auf den wahrgenommenen Stress,  auf die Schlafqualität und die Freisetzung von Cortisol nachgewiesen.

Diese Stämme könnten möglicherweise als Probiotika der nächsten Generation entwickelt werden, und in der Zukunft zur Bekämpfung von Fettleibigkeit und Depression verwendet werden.

Wie sich die Ernährung auf unsere Darmmikrobiota auswirkt

Die Ernährung ist offensichtlich ein bedeutender Faktor, der die Zusammensetzung der menschlichen Darmmikrobiota beeinflusst.

Die MyNewGut Experten haben mehrere humane Interventionsstudien durchgeführt mit dem Ziel, die ernährungsphysiologischen Effekte zu untersuchen, die möglicherweise durch die Darmmikrobiota vermittelt werden, und sie veröffentlichen derzeit umfangsreiche Positionspapiere, die für künftige Ernährungsempfehlungen nützliche Nachweise  enthalten.

Die MyNewGut Partner haben sich speziell der Wirkung von Eiweißen, Fetten und Ballaststoffen auf die Darmmikrobiota gewidmet.

Eine hohe Eiweißaufnahme oder eine fettreiche Ernährung könnten die Darmmikrobiota schädigen

Die MyNewGut Partner haben herausgefunden, dass ein hoher Eiweißkonsum die Eiweißgärung im Dickdarm erhöht, und dadurch einige der toxischen Metaboliten erzeugt (Produkte des Aminosäurestoffwechsels), die mit Erkrankungen wie Dickdarmkrebs verbunden sind.

Eine fettreiche Ernährung, besonders wenn reich an gesättigten Fettsäuren , kann negative Auswirkungen auf die Darmmikrobiota haben, die durch eine niedrigere Anzahl an Mikroben und weniger Mikrobenarten gekennzeichnet sind. Eine Ernährung reich an Omega-3 und Omega-6 polyungesättigten Fettsäuren scheint keinen negative Einfluss auf die Darmmikrobiota auszuüben, während die Auswirkungen von einfach ungesättigten Fettsäuren weniger konsistent sind.

Eine fettreiche Ernährung ist mit Depression verbunden

Die von den MyNewGut Partnern durchgeführten Studien haben gezeigt, dass die westliche Ernährung, reich an gesättigten Fettsäuren, nicht nur zur Fettleibigkeit, sondern auch zum depressiven Verhalten führte. Das mit ernährungsinduzierter Fettleibigkeit verbundene depressive Verhalten wird durch das Darmmikrobiom vermittelt, da die Effekte durch eine Antibiotika-Behandlung abgestumpft wurden. Mithilfe desselben Mausmodells hat MyNewGut auch bewiesen, dass bei Mäusen, die mit fettreicher Kost ernährt wurden, ein Bakterienstamm (Bifidobacterium pseudocatenulatum CECT 7765) durch die Darm-Hirn-Achse das mit Fettleibigkeit verbundene depressive Verhalten reduziert.

Diese Ergebnisse stellen nur einen Ausgangspunkt dar, und neue Forschungen müssten diesen Befund bei Menschen bestätigen.

Die Rolle der Därme in metabolischer Gesundheit

Studien in Tiermodellen, die von den Projektpartnern durchgeführt wurden, haben neue Mechanismen enthüllt, durch die sich die Mikrobiota auf die metabolische Gesundheit auswirken könnte.

Die MyNewGut Partner haben gezeigt, dass die Peptidase-Aktivität (DPPIV), die für den Abbau von im Darm produzierten enteroendokrinen Hormonen zuständig ist, die den Appetit und die Glukosehomöostase regulieren (wie Glucagon-like Peptide 1 [GLP-I]), bakteriellen Ursprungs ist.

Das heißt, dass die Anwesenheit von spezifischen Bakterien, die diese neuen Enzymen herstellen, auf den Appetit, die Nahrungsaufnahme und die Gewichtszunahme einen negativen Einfluss ausüben kann.

Die Darmmikrobiota: wir sind alle verschieden

Im Rahmen des MyNewGut-Projektes wurden auch innovative Maßnahmen untersucht, darunter die fäkale Mikrobiota Transplantation (FMT) zur Behandlung von Dysbiose-assoziierten Erkrankungen. In FMT, die Mikrobiota eines gesunden Spenders wird  auf einen Patienten übertragen, der unter irgendeiner Form von Dysbiose leidet.

Im Rahmen der MyNewGut-Studien wurde die Mikrobiota des Spenders auf Menschen mit metabolischem Syndrom übertragen. In diesen Studien hing das Ansprechen des Patienten auf die Behandlung von dem Profil seiner eigenen Darmmikrobiota an, was auf den Bedarf an individuellen Behandlunsstrategien hindeutet.

Diese Studie zeigt, dass sich die Mikrobiota des einzelnen Patienten unmittelbar auf neuronale Systeme auswirkt, die den Einfluss der Nahrungsaufnahme  auf die metabolische Gesundheit vermitteln könnten.

Einfluss des mikrobiellen Ungleichgewichts im frühen Kindesalter auf die Gesundheit

Die MyNewGut Partner haben untersucht, ob Umweltfaktoren im Säugling- und Kindesalter auch die Gesundheitsfolgen in späteren Lebensphasen des Menschen beeinflussen. Sie haben beispielsweise eine Längsschnittstudie bei Kindern durchgeführt, um die Rolle der Mikrobiota, des Lebensstils (Ernährung, Bewegung usw.) und anderer individuellen Faktoren (Immun- und metabolisches Profil) in der Entwicklung von Übergewicht zu bestimmen.

Die Studie ergab, dass spezifische Konfigurationen der Mikrobiota tatsächlich mit Entzündungsmarkern und Ernährungsgewohnheiten, und anschließend mit der Entwicklung von Fettleibigkeit in Beziehung stehen.

Die MyNewGut Forscher haben auch entdeckt, dass Ernährungsumstellungen, die sich positiv auf die Darmmikrobiota auswirken, haben eine höhere und nachhaltigere Wirkung in Entwicklungsphasen. Dadurch wird die Bedeutung der Ernährung in der ersten Lebensphase für eine langfristige Gesundheit im Erwachsenenalter betont.

Zitat

Prof. Yolanda Sanz, Koordinatorin des Projektes und Professorin am Obersten Rat für wissenschaftliche Forschung in Spanien sagte, dass “wesentliche Fortschritte im Verständnis der ursächlichen Rolle der Mikrobiota und deren Wechselwirkung mit Ernährung und Lebensstil im Bereich der metabolischen und geistigen Gesundheit gemacht wurden. Die durch das Projekt erzeugten Angaben und Produkte stellen innovative Lösungen dar und können die Industrien dazu inspiriieren, künftige Entwicklungen in diesem Bereich aufzuspüren. Sie können auch Politiken und Empfehlungen bei der Förderung eines gesünderen Lebensstils unterstützen”.

Hintergrundinformationen

Das MyNewGut Projekt (der Einfluss des Mikrobioms auf die Energiebilanz, die Entwicklung und Funktion des Gehirns wurde umgesetzt, um die ernährungsbedingten Erkrankungen und Verhalten anzugehen) wurde vom Siebten Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union für Forschung, technologische Entwicklung und Demontration finanziert. Fördervereinbarung Nr: 613979.

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