Schwangerschaftsdiabetes – ein zunehmendes Problem

Zuletzt aktualisiert : 30 April 2015
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    Schwangerschaftsdiabetes ist eine Krankheit, die während der Schwangerschaft auftritt. Sie kommt immer häufiger vor, hauptsächlich als Folge wachsender Fettleibigkeitsraten und sich verändernder Lebensstile. Dieser Beitrag beschäftigt sich damit, was diese Krankheit auslöst, welche gesundheitlichen Folgen sie hat und wie sie verhindert und behandelt werden kann.

    Was ist Schwangerschaftsdiabetes?

    Schwangerschaftsdiabetes, oder Gestations-Diabetes mellitus (GDM) ist eine Krankheit und ein wachsendes Gesundheitsproblem, welches üblicherweise in der zweiten Schwangerschaftshälfte auftritt.1 Hat eine Frau GDM, so steigt ihr Blutzuckerspiegel über das normale Niveau. Normalerweise reduziert das Hormon Insulin die Menge an Glukose im Blut, zum Beispiel in dem es die Aufnahme von Glukose in Zellen im Muskel-, Leber- und Fettgewebe fördert. Während der Schwangerschaft wird mehr Insulin benötigt, aber hormonelle Veränderungen können auch dazu führen, dass Zellen weniger auf Insulin reagieren. Normalerweise scheidet die Bauchspeicheldrüse mehr Insulin aus, wenn der Blutzuckerspiegel steigt. Kann jedoch die Bauchspeicheldrüse nicht ausreichend Insulin produzieren, um den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren, entwickelt sich eine „Glukoseintoleranz“; tritt diese während der Schwangerschaft auf, bezeichnet man sie als GDM.

    Medizinische Auswirkungen

    GDM kann medizinische Auswirkungen auf Mutter und Kind haben. Glukose passiert die Plazenta und fördert ein übermäßiges Wachstum des Fötus. Makrosomie ist eine Krankheit, bei der Babys für ihr Alter groß sind, etwa mit einem Entbindungsgewicht von über 4 bis 4,5 Kilogramm. Dies kann zu Komplikationen bei der Entbindung führen, z.B. einer Schulterdystokie (die Schulter des Babys bleibt bei der Geburt hinter dem Schambein stecken) oder aber auch Entbindungs-bezogenen Krankheiten.2GDM wird auch mit einem erhöhten Risiko an Präeklampsie in Verbindung gebracht, welche unbehandelt lebensgefährlich sein kann.3

    Mütter mit GDM haben ein höheres Risiko, später im Leben an Diabetes zu erkranken. Obwohl Diabetes meist nach der Geburt des Babys abklingt, erkranken mehr als 50 % der Frauen mit GDM innerhalb von 5 bis 10 Jahren nach der Geburt an Typ-2 Diabetes.4 Darüber hinaus haben auch Kinder von Müttern mit GDM ein höheres Risiko, im Verlauf ihres Lebens übergewichtig zu werden und an Fettleibigkeit sowie an Typ-2 Diabetes zu leiden.4 Bei frühzeitiger Erkennung lässt sich der Lebensstil anpassen und damit das Risiko derartiger Komplikationen verringern.

    Häufigkeit und Risikofaktoren

    Die Häufigkeit von GDM schwankt in den europäischen Bevölkerungen zwischen 1,7% und 11,6%, wobei sie in Südeuropa häufiger auftritt als in Nord- und Zentraleuropa.5

    Folgende Faktoren können das Risiko einer Frau erhöhen, an GDM zu erkranken:6,7​​​​​​​

    • ein Body-Mass-Index über 30 kg/m2 (Adipositas),
    • eine vorhergehende Schwangerschaft mit GDM oder ein vorheriges Baby mit Makrosomie,
    • Verwandtschaft ersten Grades mit Diabetikern,
    • Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnizität, z. B. südasiatisch, schwarz-karibisch, oder nahöstlich.6,7​​​​​​​

    Diagnose

    Vorsorgeuntersuchungen für GDM sind in Europa uneinheitlich. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt einen Zuckertoleranztest (OGTT) zwischen Woche 24 und 28 für alle Frauen mit Risikofaktoren für Schwangerschaftsdiabetes (oder abnormalem Nüchtern- oder Gelegenheits-Plasmaglukosespiegel).8 Beim OGTT wird das Blut erst nüchtern auf Glukose getestet, dann erneut zwei Stunden nach Einnahme eines Glukosegetränks, welches üblicherweise etwa 75 Gramm Glukose enthält.

    Die WHO empfahl kürzlich, dass die Diagnose von GDM auf folgenden Werten basieren sollte3:

    • Nüchtern-Plasmaglukosespiegel zwischen 5,1-6,9 mmol/l,
    • 1 Stunde nach einer 75 Gramm Glukose-Dosis, Plasmaglukosespiegel ≥10 mmol/l
    • 2 Stunden nach einer 75 Gramm Glukose-Dosis, Plasmaglukosespiegel 8,5-11 mmol/l.

    Vorbeuge- und Behandlungs-Strategien

    Eine Reihe von „modifizierbaren Risikofaktoren“ (solche, die kontrolliert werden können) können dazu beitragen, das GDM-Risiko zu senken. Dazu gehören ein gesundes Körpergewicht vor dem Beginn der Schwangerschaft, körperliche Aktivität und eine gesunde, ausgewogene Ernährungsweise mit viel Vollkorn, fettarmen Eiweißen, fettreichem Fisch, sowie einem Gleichgewicht an einfach und mehrfach ungesättigten Fetten.7,9 Der Verzehr von Nahrungsmitteln und Getränken mit einem hohen glykämischen Index (GI) sollte auf ein Minimum beschränkt werden.

    Wird die GDM durch einen OGTT bestätigt, sollte die erste Behandlungsstrategie idealerweise die Überweisung an einen Diätspezialisten sein. Während sich Veränderungen in der Ernährungsweise und der körperlichen Bewegung positiv auf die Krankheit auswirken können, müssen schätzungsweise 70% der Frauen zusätzlich behandelt werden, beispielsweise mit einem oralen hypoglykämischen Mittel oder Insulinspritzen.7 Frauen mit GDM werden üblicherweise von Gesundheitsexperten bezüglich Methoden zur Blutzuckerspiegel-Selbstkontrolle beraten.

    References

    1. Derbyshire E (2011). Special Cases (pp. 218-240). In Derbyshire E (ed.) Nutrition in the childbearing years. Chichester, UK: John Wiley & Sons.
    2. Young BC & Ecker JL (2013). Fetal macrosomia and shoulder dystocia in women with gestational diabetes: risks amenable to treatment? Current Diabetes Reports 13(1): 12018.
    3. WHO (2013). Diagnostic criteria and classification of hyperglycaemia first detected in pregnancy. Geneva, Switzerland: WHO.
    4. International Diabetes Federation website, Gestational diabetes section.
    5. Schneider S, Bock C, Wetzel M et al. (2012). The prevalence of gestational diabetes in advanced economies. Journal of Perinatal Medicine 40(5): 511-520.
    6. International Diabetes Federation website, Risk factors section.
    7. National Institute for Health Care Excellence (NICE) (2015). Diabetes in pregnancy. Management of diabetes and its complications from preconception to the postnatal period. NICE guideline 3.
    8. WHO (1999). WHO Consultation: Definition, diagnosis and classification of diabetes mellitus and its complications: Report of a WHO Consultation. Part I: Diagnosis and classification of diabetes mellitus. WHO/NCD/NCS/99.2. Geneva, Switzerland: WHO.
    9. Zhang C & Ning Y (2011). Effect of dietary and lifestyle factors on the risk of gestational diabetes: review of epidemiologic evidence. American Journal of Clinical Nutrition 94(6 Suppl):1975S-1979S.