Gütesiegel: Was sind EU-Qualitätsregelungen für Lebensmittel?

Zuletzt aktualisiert : 14/06/2021
Inhaltsverzeichnis

    Beim Kauf von Lebensmitteln legen die Verbraucher großen Wert auf die Qualität. Für die Hersteller ist die Qualität gleichermaßen wichtig, und zwar wenn sie über den Preis ihrer Produkte verhandeln. Deshalb schützt die Europäische Kommission Lebensmittel mit besonderen Qualitätsmerkmalen durch bestimmte Qualitätsregelungen.

    Lebensmittelqualität

    Früher galten bei den Verbrauchern Lebensmittel als von guter Qualität, wenn sie keine Mängel aufwiesen und nicht verdorben waren.1 In den vergangenen Jahren hat sich das Konzept der Lebensmittelqualität jedoch verändert. Heute denken wir, dass Lebensmittel von guter Qualität sind, wenn sie bestimmte wünschenswerte Eigenschaften aufweisen. Diese Attribute können sowohl extrinsisch als auch intrinsisch sein. Die intrinsischen Eigenschaften eines Lebensmittelprodukts sind diejenigen, die wir mit unseren Sinnen beurteilen können.2 Farbe, Aussehen, Geschmack und Geruch sind Beispiele für intrinsische Eigenschaften. Extrinsische Eigenschaften sind solche, die nicht greifbar sind, aber dennoch zum Lebensmittelprodukt gehören, zum Beispiel Umweltauswirkungen, Herkunftsort und traditionelles Know-how bei ihrer Herstellung.2

    EU-Qualitätsregelungen für Lebensmittel

    Europäische Verbraucher schätzen bestimmte Lebensmittel aufgrund ihrer besonderen, sowohl intrinsischen als auch extrinsischen, Eigenschaften. Um zur Unterscheidung solcher Produkte beizutragen, schützt die Europäische Kommission sie durch Quailtätsregelungen. Die Kommission legt bestimmte Regeln fest, welche Lebensmittel auf diese Art und Weise geschützt werden können, was die Hersteller tun müssen, um ihre Produkte schützen zu lassen, und wie ihre unverwechselbare Qualität den Verbrauchern mitgeteilt werden kann. Europäische und außereuropäische Hersteller, die wünschen, dass ihre Produkte durch die Qualitätsregelungen geschützt werden, können einen Antrag bei der nationalen Behörde ihres jeweiligen Landes stellen, der dann an die Europäische Kommission weitergeleitet wird. Diese prüft den Antrag dann, um festzustellen, ob das Produkt geschützt werden kann. Bei allen Qualitätsregelungen sind die zuständigen nationalen Behörden jedes EU-Landes dafür verantwortlich, einen etwaigen Missbrauch dieser Regelungen zu verhindern und zu stoppen.

    Arten von Qualitätsregelungen

    Derzeit gibt es vier EU-Qualitätsregelungen für Lebensmittel. Daneben haben die verschiedenen Mitgliedstaaten nationale und regionale Gütesiegel eingeführt. Produkte, die durch nationale oder EU-weite Qualitätsregelungen geschützt sind, tragen entsprechende Logos auf ihrer Verpackung.

    Geografische Herkunftsangaben

    Geografische Herkunftsangaben kennzeichnen Produkte, die aufgrund ihrer geografischen Herkunft und ihrer traditionellen Herstellungsweise bestimmte Eigenschaften oder einen guten Ruf aufweisen.3 Innerhalb der EU befassen sich zwei Qualitätsregelungen mit geografischen Herkunftsangaben

    Geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.)

    Damit ein Lebensmittelprodukt als g.U.-Produkt geschützt werden kann, muss die Herstellung, Verarbeitung und Zubereitung in einem bestimmten geografischen Gebiet erfolgen.4 Dies schließt auch den für seine Herstellung verwendeten Rohstoff ein, der ebenfalls aus dieser Region stammen muss.4 Auch das traditionell überlieferte Wissen der Menschen aus der Region spielt eine wichtige Rolle.4

    Ein Beispiel für ein g.U.-Produkt ist der „Brabantse Wal Asperge“, eine Spargelsorte aus der niederländischen Region Brabant. Das salzige Grundwasser, der sandige Boden und das Wissen der örtlichen Bauern machen diesen Spargel zu etwas Besonderem.5 Auch die Geografie der Region Brabant spielt eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Produkteigenschaften.5

    Geschützte geografische Angabe (g.g.A.)

    Die Bezeichnung g.g.A. ist dagegen weniger restriktiv. Hier muss nur mindestens eine der Phasen der Herstellung, Verarbeitung oder Vorbereitung in einem bestimmten geografischen Gebiet erfolgen.4 Der für die Produktion verwendete Rohstoff kann auch aus einer anderen Region stammen.4 Ein Beispiel für ein g.g.A.-Produkt ist Düsseldorfer Mostert – eine verzehrfertige Senfpaste aus der deutschen Stadt Düsseldorf. Diese wird hergestellt, indem braune und gelbe Senfkörner mit dem kalk- und mineralstoffreichen Wasser von Düsseldorf und einem in Düsseldorf hergestellten ungefilterten Branntweinessig gemischt werden.6 Der Essig, das Wasser und die Produktionstechnik verbinden das Produkt mit Düsseldorf, aber die Senfkörner können von woanders bezogen werden.6

    Garantiert traditionelle Spezialität (g.t.S.)

    Einige traditionelle Lebensmittel mit besonderen Qualitäten sind nicht an eine bestimmte Region gebunden. Die Qualitätsregelung der garantiert traditionellen Spezialitäten (g.t.S.) schützt ebensolche Produkte vor Fälschung und Missbrauch. Ein Beispiel für ein g.t.S.-Produkt ist Serrano-Schinken (Jamón Serrano). Da diese Sorte durch das g.t.S.-System geschützt ist, müssen Erzeuger in Europa die traditionelle Produktionsmethode anwenden, wenn sie Jamón Serrano herstellen möchten.7 Es bestehen allerdings keine Einschränkungen für die Produktionsregion oder die Schweinerasse, deren Fleisch verwendet werden darf.7

    Lebensmittel und landwirtschaftliche Produkte sowie Wein, Spirituosen und aromatisierte Weine, die entsprechend der Qualitätsregelungen g.U., g.g.A. und g.t.S. registriert sind, finden Sie auf dem eAmbrosia-Portal der Europäischen Kommission.

    Bio-Produkte

    Bio-Lebensmittel sind zertifizierte Lebensmittel, die mit biologischen Anbautechniken angebaut wurden. Eine solche ökologische Landwirtschaft beinhaltet auch die Schaffung eines nachhaltigen Agrarsystems. Synthetische Pestizide oder gentechnisch veränderten Organismen dürfen nicht verwendet werden.8 Biobauern bemühen sich um die Erhaltung der biologischen Vielfalt, den verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen und eine gute Haltung von Nutztieren.8 Verschiedene Arten von Lebensmitteln wie Obst, Gemüse, Getreide und Fleisch können mit dem Bio-Siegel ausgezeichnet werden. „Bio“ kennzeichnet dann ein Qualitätsmerkmal im Zusammenhang mit dem Produktionsprozess. Somit gehört auch das Bio-System zu den Lebensmittel-Qualitätsregelungen.

    Die Zukunft

    Strength2Food, ein Projekt zur Qualität und Nachhaltigkeit von Lebensmitteln, hat eine Analyse durchgeführt, um zu verstehen, wie sich die Lebensmittel-Qualitätsregelungen auf die jeweiligen Gebiete auswirken. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Produzenten und ländliche Gemeinden zahlreiche Vorteile durch diese Regelungen erfahren, z. B. die Schaffung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten, die Gewährung eines fairen Preises für qualitativ hochwertige Produkte und die Erhaltung kultureller Praktiken.9 Dies gilt nicht nur für europäische Länder, sondern auch für Schwellenländer wie Thailand und Vietnam.9

    Allerdings waren nicht alle dieser Initiativen gleichermaßen erfolgreich, und erhebliche Potenziale bleiben unausgeschöpft.9 Das Registrierungsverfahren muss einfacher und schneller werden, außerdem müssen stärkere Maßnahmen gegen Betrug und Fälschung ergreifen werden, damit Hersteller und Verbraucher von den Qualitätsregelungen profitieren können.9 Für die Verbraucher ist es darüber hinaus wichtig, besser zu verstehen, wofür die einzelnen Gütesiegel stehen, wie sie sich die durch Qualitätsregelungen geschützte Produkte von herkömmlichen Produkten unterscheiden und wie ihre Qualität und ihr Ruf mit den Produktionsmethoden und/oder einer bestimmten Region zusammenhängen.9 Derzeit entfalten die Regelungen lediglich begrenzte Auswirkungen, da nur eine Minderheit der EU-Verbraucher Siegel mit geografischen Angaben wie g.U und g.g.A. kennt. Noch weniger Verbraucher verstehen, was sie bedeuten und welche Unterschiede zwischen ihnen bestehen.9 Dagegen wird das EU-Bio-Siegel zwar von den Verbrauchern gut erkannt, aber es erweckt kein hohes Maß an Vertrauen und die damit ausgezeichneten Produkte werden als zu teuer empfunden. 9 Deshalb besteht eine große Herausforderung darin, den Verbrauchern die Vorteile von Lebensmittel-Qualitätsregelungen wirkungsvoll zu vermitteln.

    References

    1. European Commission website. Food quality section. Accessed 18 October 2020
    2. Espejel J, Fandos C & Flavián C (2007). The role of intrinsic and extrinsic quality attributes on consumer behaviour for traditional food products. Managing Service Quality: An International Journal, 17(6), 681–701
    3. European Commission website. Geographical indication section. Accessed 16 October 2020.
    4. Regulation (EU) No 1151/2012 of the European Parliament and of the Council of 21 November 2012 on quality schemes for agricultural products and foodstuffs.
    5. Document 52015XC1006(02). ‘Brabantse Wal Asperges’. EU No: NL-PDO-0005-01177
    6. Document 52011XC1104(04). ‘Düsseldorfer Mostert’. DE-PGI-0005-0799-24.02.2010
    7. Document C1998/371/03. ‘Jamón serrano’. (98/C 371/03).
    8. Council Regulation (EC) No 834/2007 of 28 June 2007 on organic production and labelling of organic products and repealing Regulation (EEC) No 2092/91.
    9. STRENGTH2FOOD (Strengthening European food chain sustainability by quality and procurement policy).