Sind Saisonobst und -gemüse besser für die Umwelt?

Zuletzt aktualisiert : 09/09/2020
Inhaltsverzeichnis

    Die Globalisierung und Massenverteilung von Obst und Gemüse weltweit ermöglicht es uns, zu jeder Jahreszeit eine große Auswahl an Produkten zu genießen. Saisonobst und -gemüse  zu essen, ist zu einer immer beliebteren Botschaft geworden, deren Ziel es ist, die Nachhaltigkeit unserer Ernährung zu verbessern. Der Begriff „saisonal“ ist jedoch schwer zu definieren, und wir müssen sowohl ihn als auch die Umweltauswirkungen unseres Obsts und Gemüses weiter untersuchen.

    Obst und Gemüse sind wichtige Bestandteile einer gesunden und nachhaltigen Ernährung. Sie bieten wichtige Vitamine, Mineralien und Ballaststoffe und neigen dazu, eine geringere Umweltbelastung als Lebensmittel auf tierischer Basis zu verursachen.1 Immer häufiger hören wir den Rat, „saisonal zu essen“, um unseren ökologischen Fußabdruck zu verringern, aber wie stark wirkt sich die Saisonalität auf den ökologische Fußabdruck von Obst und Gemüse aus, die wir essen?

    Was bedeutet saisonal?

    Jede Obst- und Gemüsesorte hat ihre eigenen spezifischen Bedingungen für ein ideales Wachstum und optimale Qualität. Aus diesem Grund werden Obst und Gemüse das ganze Jahr über an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Jahreszeiten angebaut und geerntet. Beispielsweise sind Orangen klimaempfindliche Pflanzen und wachsen an Orten mit heißen, trockenen Sommern wie Spanien, Italien und Griechenland besser.2,3

    Der Begriff „saisonal“ ist nicht genau definiert und ändert sich je nach Kontext, in dem er verwendet wird. Für einige ist „saisonal“ gleichbedeutend mit „lokal“ geernteten Lebensmitteln. Für andere ist es eng mit kulturellen Ereignissen verbunden und für eine dritte Gruppe bedeutet es, sich wieder mit den Ursprüngen der Lebensmittel in Einklang zu bringen und etwas über die natürlichen Vegetationsperioden zu lernen. Dies sind zwar angemessene Definitionen und Gründe, um mehr „saisonal“ zu essen, aber die Unterschiede zeigen, dass der Begriff nicht klar genug ist und wie kompliziert die Definition von „Saisonobst und -gemüse“ sein kann.4

    Zum Zweck dieses Artikels werden wir Definitionen von saisonalen Lebensmitteln verwenden, die vom Ministerium für Umwelt, Ernährung und ländliche Angelegenheiten (Department for Environment, Food and Rural Affairs, DEFRA) im Vereinigten Königreich benutzt werden, wobei die Hauptaspekte davon abhängig sind, wann die Lebensmittel hergestellt und wo sie konsumiert wurden (Abbildung 1):4,5

    1. Globale Saisonalität: basiert darauf, wo die Lebensmittel hergestellt werden. Dies bezieht sich auf Lebensmittel, die in der Saison hergestellt, aber nicht unbedingt dort konsumiert werden, wo sie lokal geerntet wurden. Wie beispielsweise Äpfel, die während der Vegetationsperiode in Neuseeland angebaut und geerntet werden, aber während der Frühlings- und Sommersaison in Europa gegessen werden. 
    2. Lokale Saisonalität: basiert darauf, wo die Lebensmittel hergestellt und dann konsumiert werden. Dies bezieht sich auf Lebensmittel, die während der natürlichen Vegetationsperiode vor Ort geerntet und gegessen werden. Wie zum Beispiel Äpfel, die im Sommer und Herbst in Europa angebaut und geerntet und im Oktober auch in Europa verzehrt werden.


    Abbildung 1. Der Unterschied zwischen globaler und lokaler Saisonalität 

    Welche Umweltauswirkungen haben Saisonobst und -gemüse?

    Die Lebensmittel, die wir essen, wirken sich nicht nur auf unsere Gesundheit aus, sondern auch auf die Gesundheit der Umwelt.  Diese Umweltauswirkungen werden mit einer Methode gemessen, die als Ökobilanzen (Life Cycle Assessments, LCAs) bezeichnet wird. Diese Technik hilft uns, die Auswirkungen von Lebensmitteln auf die Umwelt in allen Phasen der Lieferkette zu messen und zu verstehen; vom Anbau, über die Ernte, Lagerung und den Transport bis hin zum Verbrauch (Abbildung 2). Viele Studien konzentrieren sich auf die Abschätzung des CO2-Fußabdrucks durch Treibhausgasemissionen (THG). Es ist jedoch wichtig zu bedenken, dass die Treibhausgasemissionen nur eine Seite einer komplizierten Geschichte über die Umweltauswirkungen und die Nachhaltigkeit der Lebensmittelproduktion sind. Andere Messungen umfassen den Fußabdruck und die Verschmutzung des Wassers, die Verschmutzung durch Düngemittel und die erforderliche Landfläche: Die Gesamtheit all dieser Auswirkungen ist in allen Studien nur schwer zu berücksichtigen.4,6 In diesem Artikel konzentrieren wir uns nur auf die Treibhausgasemissionen.

    Durch die Verwendung von Ökobilanzen haben Forscher herausgefunden, dass das globale Lebensmittelsystem rund 26% der weltweiten Treibhausgasemissionen ausmacht.1 Es gibt jedoch große Unterschiede in der Menge an Treibhausgasen, die verschiedene Arten von Lebensmitteln emittieren. Im Allgemeinen haben Obst und Gemüse im Vergleich zu tierischen Produkten wie Rindfleisch und Milchprodukten sogar 10- bis 50-mal geringere Treibhausgasemissionen.1


    Abbildung 2. Die Lebensmittelversorgungskette 

    Was ist mit Saisonobst und -gemüse? Die Umweltvorteile von Saisonobst und -gemüse werden häufig den kürzeren Verteilungsdistanzen zugeschrieben. Während die Art des Transports für einige Obst- und Gemüsesorten wie Produkte, die per Luftfracht transportiert werden (z. B. Beeren, tropische Früchte und grüne Bohnen), von Bedeutung sein kann, ist der CO2-Fußabdruck durch den Transport, normalerweise geringer als die Emissionen, die aus den Produktionsmethoden stammen.1 Während klimatisierte Gewächshäuser weniger Landnutzung, weniger Lebensmittelverschwendung, weniger Pestizide und hohe Erträge bedeuten können, ist der Energiebedarf für die Beheizung dieser Gebäude erheblich. So sehr, dass die globale Saisonalität auch eine umweltfreundliche Wahl sein kann. Schauen wir uns einige Beispiele an:

    Wenn Tomaten lokal, aber außerhalb ihrer Saison in beheizten Gewächshäusern angebaut werden, haben sie einen höheren CO2-Fußabdruck als diejenigen, die in der Saison in Spanien angebaut und dann beispielsweise nach Großbritannien transportiert werden. Der CO2-Fußabdruck von Tomaten in der Saison in Spanien ist geringer, da Gewächshäuser viel Energie benötigen und auf diese Weise Treibhausgasemissionen ausstoßen. Diese Emissionen sind tendenziell höher als sie durch den Transport von Spanien nach Großbritannien anfallen.6 

    Lokale Äpfel, die im Oktober in Europa geerntet, aber bis August des folgenden Jahres gelagert und dann lokal konsumiert werden, hätten einen höheren CO2-Fußabdruck als Äpfel die lokal und saisonal in Neuseeland geerntet werden und nach Europa außerhalb der europäischen Apfelsaison versandt und gegessen werden.  Dies liegt daran, dass mit zunehmender Lagerzeit in Kühlschränken auch die benötigte Energiemenge zunimmt, wodurch mehr Treibhausgasemissionen entstehen.6

    Das Gesamtbild, das sich aus der Forschung ergibt, ist, dass Obst und Gemüse dann die niedrigsten Treibhausgasemissionen erzeugen, wenn sie während ihrer natürlichen Jahreszeit im Freien angebaut werden, ohne viel zusätzliche Energie zu verbrauchen, um dann im selben Land oder in derselben Region konsumiert zu werden. Dieses Vorgehen hat Vorteile für die Umwelt, da weniger Energie für künstliche Heizung oder Beleuchtung sowie für Kühlung und Lagerung verbraucht und Verluste während der Lagerung vermieden werden, was im Allgemeinen dazu beiträgt, weniger Treibhausgasemissionen im Vergleich zu Obst und Gemüse, die unter Schutz angebaut, importiert oder gelagert werden, zu verursachen.4 5

    Europäische interaktive Karte für Saisonobst und -gemüse

    Schau dir Beispiele für saisonales und lokales Obst und Gemüse in Ländern in ganz Europa an.

    Sind Saisonobst und -gemüse nahrhafter?

    Nun, die Beweise deuten darauf hin, dass der Nährwert von Obst und Gemüse unmittelbar nach der Ernte am höchsten ist und im Laufe der Zeit abnimmt. Sobald Obst und Gemüse geerntet sind, werden sie transportiert und eingelagert, um den Verderb zu verringern und ihre Ernährungsqualität zu erhalten. Während Lagerung und Transport mit einem Rückgang einiger Mikronährstoffwerte verbunden sind, sind die Verluste im Hinblick auf die allgemeinen gesundheitlichen Vorteile immer noch minimal, wenn man sie mit dem Verzicht auf Obst und Gemüse vergleicht.4

    Sollen wir Saisonobst und -gemüse essen?

    Kurz gesagt, ja! Wenn du lokales und saisonales Obst und Gemüse kaufst, kann das bedeuten, dass du eine größere Auswahl an Produkten hast. In einigen Situationen sind lokal produzierte saisonale Lebensmittel möglicherweise die beste Option für die Umwelt. Die Auswahl von lokal produziertem und saisonalem Obst und Gemüse ist jedoch nur ein Aspekt für eine nachhaltigere Ernährung. Gleich wichtig ist es, mehr pflanzliche Lebensmittel wie Obst und Gemüse und weniger tierische Lebensmittel wie Rindfleisch und Milchprodukte zu essen sowie Lebensmittelverschwendung zu minimieren.

    „Wenn es um eine nachhaltige Ernährung geht, geht es mehr darum, was du isst, als woher dein Essen kommt.“

    Während lokale und saisonale Produkte möglicherweise geringere Auswirkungen auf die Umwelt haben, hat die globale Saisonalität nicht nur die globalen Lebensmittelmärkte erweitert, sondern sie hat vor allem dazu beigetragen, das ganze Jahr über ein vielfältigeres und gleichmäßigeres Angebot an Obst und Gemüse bereitzustellen, um so die Vielfalt deiner Ernährung zu erhöhen und sicher zu stellen, dass du das ganze Jahr über ein ausgewogenes Verhältnis von Mikronährstoffen erhältst, insbesondere wenn du in einem Land lebst, in dem die Produktionszeiten begrenzt sind.4

    Tipps zur Auswahl von Obst und Gemüse, das weniger Treibhausgas (THG) emittiert 

    Es ist nicht immer klar, woher das Obst oder Gemüse kommt, das du auf dem Markt kaufst. Möglicherweise siehst du ein Schild mit dem Land, in dem es angebaut wurde, aber ob es in einem Gewächshaus angebaut oder mit einem LKW oder Zug transportiert wurde, ist kaum zu sagen. Hier einige hilfreiche Tipps, wie du das Obst und Gemüse auswählen kannst, das weniger GHG emittiert (Abbildung 3)7:


    Abbildung 3. Tipps zur Auswahl von Obst und Gemüse, das weniger Treibhausgas (THG) emittiert

    • Reduziere den Verbrauch von leicht verderblichen, nicht-saisonalen Produkten, die per Luftfracht transportiert werden: zerbrechliche, leicht verderbliche und weiche Früchte (Beeren, Kirschen), außerhalb der Saison, oder exotische Früchte (Litschis, Papayas, Maracujas) sowie Gemüse (Spargel, grüne Bohnen, Erbsen) außerhalb der Saison, werden oft per Luftfracht transportiert, weil sie schneller verderben. Dies erhöht ihre Treibhausgasemissionen erheblich.
    • Reduziere den Verbrauch von Mittelmeerprodukten, die außerhalb der Saison angebaut werden: Diese werden häufig in beheizten Gewächshäusern in ganz Europa oder unter (manchmal beheiztem) Schutz in Übersee angebaut, was zusätzlichen Energieeinsatz erfordert. Einige Beispiele davon sind Tomaten, Zucchini, Auberginen, Paprika, Salate und Gurken.
    • Vorgefertigte Produkte: Dazu gehören geschnittene oder gehackte Produkte wie Salattüten, Schalen, Obstsalate sowie vorgeschnittenes Obst und Gemüse wie z. B. geschnittene Ananas. Im Vergleich zu ganzen Früchten und Gemüsestücken verursachen diese normalerweise einen zusätzlichen Energieeinsatz, der vom Waschen, Kühlen und von Kunststoffverpackungen stammt.
    • Mach dich mit dem Saisonobst und -gemüse deines Landes vertraut: Verwende die interaktive Karte von EUFIC, um mehr über die Angebote deines Landes während der Saisons zu erfahren.

    Obst und Gemüse, die während ihrer natürlichen Jahreszeit im Freien angebaut und im selben Land konsumiert werden, haben im Allgemeinen die niedrigsten Treibhausgasemmissionen und gelten als umweltfreundlicher. Wenn man mehr saisonales und lokales Obst und Gemüse isst, führt dies zwar zu einigen Vorteilen für die Umwelt, ist jedoch nur ein Teil einer nachhaltigen Ernährung. Andere Strategien wie die Reduzierung des Verbrauchs tierischer Produkte und die Reduzierung von Lebensmittelverschwendung sind ebenfalls wesentliche Bestandteile einer gesunden, nachhaltigen Ernährung.  

    References

    1. Poore, J., & Nemecek, T. (2018). Reducing food’s environmental impacts through producers and consumers. Science, 360(6392), 987-992.
    2. Eurostat. (2020). Crop production in EU standard humidity. Accessed 22 June 2020.
    3. Futch, S., & Singerman, A. (2017). Inside Spain’s citrus industry. Accessed 22 June 2020.
    4. MacDiarmid, J. (2014). Seasonality and dietary requirements: will eating seasonal food contribute to health and environmental sustainability? Proceedings of the Nutrition Society, 73(3): 368-375. Doi: 10.1017/S0029665113003753.
    5. DEFRA. (2012). Understand the environmental impacts of consuming foods that are produced locally in season. Project. FO0412. Accessed 21 Feb. 2020.
    6. Edwards-Jones G. (2010). Does eating local reduce the environmental impact of food production and enhance consumer health? Proceedings of the Nutrition Society, 69: 582-591. Doi: 10.1017/S0029665110002004.
    7. Garnett, T. (2006). Fruit and Vegetables & UK Greenhouse Gas Emissions: Exploring the Relationship. Working paper as part of the Food Climate Research Network. Accessed 22 June. 2020.