Zuckerersatz - Hintergründe, Vorteile und Herausforderungen

Zuletzt aktualisiert : 28 April 2014
Inhaltsverzeichnis

    Nahrungsmittel- und Getränkeunternehmen formulieren Lebensmittel immer wieder neu, d.h. sie verändern die Zusammensetzung von verarbeiteten Lebensmitteln wie etwa bei der Senkung des Zuckergehalts. Die Neuformulierung von Nahrungsmitteln ist aber keine einfache Aufgabe. Außer Süße bietet Zucker noch wichtige technologische Eigenschaften wie Volumen, Mundgefühl, Viskosität und Haltbarkeit, die berücksichtigt werden müssen, wenn er durch einen anderen Stoff in Lebensmitteln und Getränken ersetzt wird.

    Die Süße von Zucker ersetzen

    Süßstoffe sind deutlich süßer als Zucker (mehrere zehn bis hundert Mal so süß), so dass nur eine kleine Menge benötigt wird, um einen süßen Geschmack zu erzeugen. Häufig verwendete Süßstoffe sind Acesulfam-K, Aspartam, Zyklamat, Neotam, Saccharin, Sucralose, und Steviol-Glykoside (aus Stevia extrahiert). Die meisten liefern keinerlei Energie (siehe Tabelle) und keiner der genannten Ersatzstoffe schmeckt genauso wie Saccharose. Sie werden für zuckerfreie und kalorienarme Erfrischungsgetränke, Nachspeisen, Milchprodukte, Konfekt, Kaugummi, Schokoladengetränke und als Tafelsüße verwendet.

    Das Volumen von Zucker ersetzen

    Füllstoffe werden verwendet, um das Volumen von Zucker in Lebensmitteln zu ersetzen.

    Einige Süßungsmittel, z.B. mehrwertige Alkohole (Zuckeralkohole wie Sorbit, Maltit, Xylit, Erythrit, Isomalt, Mannit) liefern Süße und tragen zur Konsistenz von Konfekt, Backwaren und Eiscreme bei oder wirken als Feuchthaltemittel bei Konfekt, Keksen und Gebäck. Mehrwertige Alkohole enthalten weniger Energie (2,4 kcal/g, bzw. 0 kcal/g für Erythrit) als Zucker (4 kcal/g) und variieren in der Süße zwischen etwas weniger als (Sorbit, Erythrit, Lactit) und genauso viel wie Zucker (Xylit, Maltit). Einige mehrwertige Alkohole, besonders Xylit, absorbieren Hitze, wenn sie sich im Mund auflösen, was dazu führt, dass die Temperatur sinkt und ein „Kühlungseffekt“ einsetzt. Dies ist eine sehr vorteilhafte Eigenschaft bei Kaugummi.

    Andere Füllstoffe sorgen für Volumen, haben jedoch keinen süßen Geschmack, wie z.B. Inulin und Polydextrose. Inulin (2 kcal/g) ist ein löslicher Ballaststoff, der aus Chicorée gewonnen und in Milchprodukten, Backwaren, Müesli, Salatsoßen und Schokolade verwendet wird. Polydextrose ist ein kalorienarmes (2 kcal/g) Glucosepolymer, wirkt als löslicher Ballaststoff und wird für Kuchen, Süßigkeiten, Nachspeisen und Salatsoßen verwendet. Polydextrose wird auch als Feuchthaltemittel, Stabilisator und Verdickungsmittel verwendet.

    Andere Zuckereigenschaften ersetzen

    Wenn Zucker ersetzt wird, müssen sowohl Konsistenz (Mundgefühl) als auch Viskosität beibehalten werden. Letzteres wird oft durch einige der oben erwähnten Füllstoffe erreicht. Erythrit kann als Alternative zu Zucker verwendet werden, wenn eine Kristallisation gewünscht ist, wie bei gewissen Kekssorten, gezuckertem Müesli und Fondant. Lebensmittelzusatzstoffe wie Polysaccharide (Stärke, Pektin), Guarkernmehl oder Xanthan werden in kleinen Mengen verwendet, um die Konsistenz oder Dicke von Lebensmitteln wie Salatsoßen, Eiscreme, Gebäck, Marmelade, Nudeln (Stärke) usw. zu erhöhen. Diese Substanzen erzeugen keine Süße und ihr Kaloriengehalt ist genauso hoch (z.B. Stärke) oder geringer als Saccharose (~2 kcal/g für Pektin, Guarkernmehl, Xanthan). Und schließlich wirkt Zucker auch als Konservierungsmittel, z.B. in Marmelade, wo so der vorzeitige Verderb von Lebensmitteln verhindert wird. Wenn Zucker reduziert oder ersetzt wird, kann es sein, dass das Produkt mit verringertem Zuckergehalt nicht genauso lange haltbar ist bzw. andere Verarbeitungsverfahren bei der Herstellung angewendet werden müssen, einschließlich des Hinzufügens von Konservierungsstoffen.

    Gesundheitsvorteile?

    Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass der Ersatz von Zucker durch kalorienarme Süßstoffe zu einer verringerten Energieaufnahme und einem besseren Gewichtsmanagement führen kann. Weitere Untersuchungen sind jedoch notwendig, besonders zu den Langzeitfolgen von Ersatzstoffen.1-4 Es muss immer wieder betont werden, dass Fettleibigkeit ein komplexes Phänomen ist und weitreichende sowie nachhaltige Veränderungen des Lebensstils erfordert. Der Gebrauch von kalorienarmen Süßstoffen ist nur eine Facette davon.

    Manche Zuckerersatzstoffe bieten noch weitere Gesundheitsvorteile. Die Europäische Kommission hat einige gesundheitsbezogene Angaben genehmigt. Zum Beispiel dürfen Produkte mit kalorienarmen Süßstoffen und mehrwertigen Alkoholen wie Xylit, Sorbit, Mannit, Maltit, Lactit, Isomalt, Erythrit, D-Tagatose, Isomaltulose (Palatinose), Sucralose oder Polydextrose anstatt Zucker auf der Verpackung angeben, dass sie einen niedrigeren Blutzuckerspiegel bewirken oder helfen, die Mineralisierung der Zähne zu erhalten; ausschließlich mit Xylit gesüßter Kaugummi verringert Zahnbelag, einen Risikofaktor für Karies.5

    Herausforderungen

    Mit Ausnahme von Tafelsüßen begrenzen Verordnungen der Europäischen Union speziell den Gebrauch von Süßungsmitteln als Zuckerersatz auf Lebensmittel und Getränke, die dadurch energiereduziert (30 % geringer als das Original oder ähnliche Produkte), frei von Zuckerzusatz, nicht kariogen (d.h. sie führen nicht zu Karies) oder länger haltbar sind. Ebenso ist solch ein Zuckerersatz zulässig bei der Herstellung von Produkten, die für besondere Ernährungszwecke bestimmt sind (diätetische Lebensmittel).6 Bei einigen Menschen kann ein übermäßiger Verzehr von Lebensmitteln und Getränken mit mehrwertigen Alkoholen abführend wirken und Magen-Darm-Symptome verursachen. Lebensmittel mit über 10 % zugesetzten mehrwertigen Alkoholen müssen die Aufschrift ‚übermäßiger Verzehr kann abführend wirken‘ tragen.7 Ähnlich verhält es sich bei Lebensmitteln mit Aspartam. Auf den Packungen muss der Hinweis ‚enthält Aspartam (eine Phenylalaninquelle)‘ oder ‚enthält eine Phenylalaninquelle‘ stehen, da Aspartam aus Asparaginsäure und Phenylalanin besteht; letzteres sollte von Menschen mit einer seltenen genetischen Störung namens Phenylketonurie (PKU) gemieden werden.

    Zucker zu reduzieren oder zu ersetzen ist eine komplexe Aufgabe. In Erfrischungsgetränken wird Zucker durch kalorienarme Süßstoffe ersetzt, die dem Produkt Süße, aber keine Masse verleihen. Ohne weitere konsistenzfördernde Zutaten führt dies zu einem anderen Mundgefühl (Textur) bei „Light-Produkten“ (zuckerreduziert, oder zuckerfrei) im Vergleich zu „normalen“ (zuckerhaltigen) Getränken.8 Bei manchen Süßstoffen kann ein bitterer Nachgeschmack auftreten, der von einigen Verbrauchern wahrgenommen wird.9 Eine Kombination oder Mischung von verschiedenen Süßstoffen kann zu einem besseren Geschmacksprofil führen als der Gebrauch eines einzelnen Süßstoffs. Bei Konfekt und Backwaren erfüllt Zucker viele Funktionen; daher werden bei dem Versuch, Zucker zu ersetzen, mehrwertige Alkohole mit Kaumasse, Ballaststoffen und kalorienarmen Süßstoffen kombiniert, z.B. bei Kaugummi, Gelee und Schokolade. Obwohl Zucker in einem Produkt eventuell gut durch eine bestimmte Zutat zu ersetzen ist, bedeutet dies nicht unbedingt, dass dieselbe Zutat bei einem anderen Produkt ähnlich gut funktioniert. Hinzu kommt, dass nicht alle neu formulierten (zuckerreduzierten) Produkte mit Zuckerersatz weniger Kalorien als die normalen zuckerhaltigen Produkte haben. Einige kalorienarme Süßstoffe wie Aspartam bleiben bei hohen Temperaturen nicht stabil und eignen sich daher nicht als Ersatzstoff in unter Hitze zubereiteten Lebensmitteln.8

    Insgesamt bleibt das Reduzieren von Zucker und die gleichzeitige Befriedigung der Verbraucherbedürfnisse eine herausfordernde Aufgabe für die Lebensmittelindustrie.

    Weitere Informationen

     

    Literatur

    1. De La Hunty A, Gibson S, Ashwell M (2006). A review of the effectiveness of aspartame in helping with weight control. Nutrition Bulletin 31:115-128.
    2. Mattes RD & Popkin BM (2009). Nonnutritive sweetener consumption in humans: effects on appetite and food intake and their putative mechanisms. American journal of clinical nutrition 89(1):1-14.
    3. Anderson GH, Foreyt J, Sigman-Grant M, et al. (2012). The use of low calorie sweeteners by adults: impact on weight management. Journal of Nutrition 142:1163s-1169s.
    4. Pereira MA (2013). Diet beverages and the risk of obesity, diabetes, and cardiovascular disease: a review of the evidence. Nutrition reviews 71(7):433-40.
    5. European Commission website, EU Register of nutrition and health claims made on foods
    6. Regulation (EC) No 1333/2008 on food additives
    7. Regulation (EU) No 1169/2011 on the provision of food information to consumers
    8. Cooper JM (2012). Product Reformulation – can sugar be replaced in foods? International Sugar Journal 114(1365):642–645.
    9. Allen AL, McGeary JE, Knopik VS et al. (2013). Bitterness of the non-nutritive sweetener acesulfame potassium varies with polymorphisms in TAS2R9 and TAS2R31. Chemical Senses 38:379-389.

    Tabelle. Süße, Kaloriengehalt und Funktion häufig verwendeter Zuckerersatzstoffe

    * Einige dieser Zuckerersatzstoffe wie Füllsüßstoffe können mehrere Funktionen übernehmen, z.B. den süßen Geschmack, die Konsistenz und das Volumen
    ** Die hier angegebenen Werte stammen aus den Rechtsvorschriften der Europäischen Union (Richtlinie des Rates 90/496/EEC und Richtlinie der Kommission 2008/100/EC), die alle mehrwertigen Alkohole mit 2,4 kcal/g (außer Erythrit: 0 kcal/g) einstufen; Ballaststoffe einschließlich Kohlenhydratpolymere wie Inulin: 2 kcal/g. Andere Quellen (wissenschaftliche Artikel, andere Institutionen außerhalb der EU) geben andere Werte an (z.B. Inulin: 1,5 kcal/g)
    *** Obwohl diese Süßstoffe ähnlich wie Saccharose kalorienhaltig sind, sind sie viel süßer. Daher werden nur kleine Mengen verwendet, was sie nahezu kalorienfrei macht.

    1. Mortensen A (2006). Sweeteners permitted in the European Union: safety aspects. Scandinavian Journal of Food and Nutrition 2006, 50:104-116.