Mikroalgen: Was sind sie und wie werden sie kultiviert und genutzt?

Zuletzt aktualisiert : 02 February 2023
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    Algen gibt es in vielen verschiedenen Formen und Größen. Aber während die meisten von uns nur einige wenige Arten erkennen würden, werden viele andere zu immer wichtigeren Organismen für unsere Zukunft. Vor allem Mikroalgen haben das Potenzial, viel häufiger auf unseren Tellern zu erscheinen – als Teil einer gesunden und nachhaltigen Ernährung. Dieser Artikel beschreibt, was Mikroalgen sind, stellt einige essbare Spezies vor und erklärt, warum wir daran interessiert sein könnten, mehr Mikroalgen zu essen.

    Was sind Mikroalgen und welche Arten sind am häufigsten anzutreffen?

    Algen lassen sich in zwei Kategorien einteilen: Makroalgen, wie z. B. Seetang, und Mikroalgen.

    Mikroalgen bestehen in der Regel aus einer einzigen Zelle oder einer geringen Anzahl von Zellen, die zu einer sehr einfachen Struktur zusammengefügt sind, die schnell wachsen und sich zu einer großen, nährstoffreichen Biomasse vermehren kann.

    Vielleicht haben Sie schon von Chlorella und Spirulina gehört. Beide sind Gattungen von Mikroalgen. Diese blau-grüne Spezies gehört zu den ältesten Lebensformen auf unserem Planeten. Chlorella ist in Taiwan und Japan beheimatet, während Spirulina in Afrika und Asien vorkommt.

    Beide können nicht nur sicher verzehrt werden, sondern werden auch mit zahlreichen gesundheitlichen Vorteilen in Verbindung gebracht.

    Abgesehen von Chlorella und Spirulina gibt es mehr als fünfzigtausend verschiedene Arten von Mikroalgen.1 Sie alle kommen in der Natur reichlich vor und sind sowohl in Süß- als auch in Salzwasser zu finden, beispielsweise in Seen, Flüssen und Meeren. Sie können in vielen verschiedenen Umgebungen wachsen und tolerieren ein breites Spektrum an Temperaturen und Bedingungen, vom salzigen Toten Meer2 bis hin zur Arktis und Antarktis.3

    Algenarten in unseren Lebensmitteln

    Könnten Mikroalgen Teil einer gesunden Ernährung sein?

    Makroalgen werden in vielen Teilen der Welt bereits häufig gegessen. Seetang zum Beispiel ist in der asiatischen Küche, insbesondere in Japan, Korea und China, schon seit Tausenden von Jahren eine Grundzutat. Er ist reich an Nährstoffen, und sein regelmäßiger Verzehr wird mit der Gesundheit des Herzens,4 des Darms5 und des Immunsystems in Verbindung gebracht.6

    Eine der beliebtesten Algen ist Nori, die in Sushi verwendet wird. Nori ist auch eine reiche Quelle für Jod, das einen wichtigen Nährstoff für die Produktion unserer Schilddrüsenhormone darstellt, die unseren gesamten Stoffwechsel beeinflussen. Bestimmte Arten von Makroalgen wie Kelp, eine der größten Gattungen von Seetang,7 können jedoch hohe Konzentrationen dieses Nährstoffs enthalten. Übermäßige Mengen von Jod können das Risiko negativer gesundheitlicher Auswirkungen auf unsere Schilddrüse erhöhen.

    Mikroalgen als Nahrungsmittel sind zwar weniger verbreitet, doch diejenigen, die als sicher für den Verzehr gelten, sind starke Kandidaten auf der Suche nach nachhaltigen und nahrhaften Proteinalternativen, die unsere wachsende Weltbevölkerung ernähren können. Sie stellen eine umweltfreundlichere Alternative zu tierischem Eiweiß dar, da für ihre Produktion viel weniger Land und Süßwasser benötigt wird als für die Produktion tierischen Eiweißes.8 Außerdem sind sie eine reiche Quelle für die Vitamine A, B, C und B12. Mikroalgen enthalten ebenfalls Jod, allerdings weniger als Makroalgen.9

    Einige Arten können beliebten Lebensmitteln einen Proteinschub verleihen, wie z. B. Spirulina, das Brotteig10 und Gemüsecremes zugesetzt werden kann, wie im Rahmen des Projekts ProFuture gezeigt wurde.11

    Mikroalgen stellen nicht nur nachhaltige Quellen für Protein12 und Ballaststoffe dar, sondern sind auch eine Quelle für gesunde Fette, einschließlich Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Omega-3 und Omega-6 sind essenzielle Fettsäuren. Das heißt, der menschliche Körper kann sie nicht selbst herstellen. Daher müssen wir sie über die Nahrung aufnehmen. Fisch kann eine Quelle für essenzielle Fettsäuren sein, aber aufgrund der steigenden Kosten und der wachsenden Bedenken hinsichtlich der Nachhaltigkeit, werden Mikroalgen als mögliche alternative Quelle für die Deckung dieses Nährstoffbedarfs angesehen.

    Nahrungsquellen für verschiedene Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren

    Wie können wir den Verzehr von Mikroalgen in Europa erhöhen?

    Tatsächlich gibt es derzeit nur zehn Arten von Mikroalgen, die in Europa für den Verzehr zugelassen sind.13 In Europa muss die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit die Sicherheit jedes neuen Lebensmittels bewerten, bevor es hergestellt oder an Menschen verkauft werden darf, und das ist ein langwieriger und kostspieliger Prozess.

    Für die meisten Europäer sind Mikroalgen immer noch ein ungewohntes Lebensmittel. Mikroalgen zu bekannten Lebensmitteln hinzugeben und zu untersuchen, wie Verbraucher die Produkte annehmen, sind entscheidende Schritte, um sicherzustellen, dass neue Produkte auf unsere Märkte gelangen können.

    Vorteile von Algen als alternative Proteinquelle

    Wofür können Mikroalgen sonst noch verwendet werden?

    Angesichts der Tatsache, dass fossile Brennstoffe zu einer raschen Verschlechterung der natürlichen Lebensräume, zur globalen Erwärmung und zu Gesundheitsproblemen auf der ganzen Welt beitragen, steigt die Nachfrage nach erneuerbaren Energiequellen.

    Mikroalgen werden zunehmend als zusätzliche Art von Biokraftstoff verwendet, eine erneuerbare und nachhaltige Alternative zu fossilen Brennstoffen, die14 vor Ort verfügbar ist.

    Mikroalgen können Sonnenenergie effizient in Biomasse umwandeln und sind hervorragend in der Lage, Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu binden15 und so zur Verringerung der Kohlenstoffemissionen beizutragen. Und da die meisten Arten nicht essbar sind, wird durch die Verwendung von Mikroalgen zur Herstellung von Biokraftstoff der Nahrungskette von Mensch und Tier nichts entzogen.

    Mikroalgen können auch außerhalb der Nahrungsmittel- und Energiebranche eingesetzt werden, z. B. in Kosmetika, Arzneimitteln und Biodüngern.

    Wie wachsen Mikroalgen?

    Mikroalgen sind sehr anpassungsfähig und können in vielen verschiedenen Umgebungen kultiviert werden. Während einige Arten in Island wachsen können, gedeihen andere in einem Wüstenklima. Sie können zu großen, nährstoffreichen Biomassen heranwachsen, die andere Lebewesen um sie herum unterstützen. Tatsächlich liefern sie 75 % des weltweiten Sauerstoffbedarfs.16

    Mikroalgen können im Allgemeinen sehr gut Kohlendioxid, Nährstoffe und Wasser durch Photosynthese in Proteine, Fette und Kohlenhydrate umwandeln. Und sie können sich schnell vermehren. Da sie keine Stengel, Wurzeln oder Blätter haben – deren Erzeugung viel Energie erfordert –, können sie Kohlendioxid und Nährstoffe effizienter nutzen als Landpflanzen.17

    Da Mikroalgen schneller wachsen als Nutzpflanzen und Nutztiere, können sie mit weniger Zeit und Ressourcen mehr Eiweiß produzieren und benötigen weniger Land. Mikroalgen können zwischen vier und 15 Tonnen Protein pro Hektar und Jahr produzieren, im Vergleich zu 0,6 bis 1,2 Tonnen bei Sojabohnen.18

    Das macht sie zu sehr guten Kandidaten für die industrielle Landwirtschaft.

    Wie kann man Mikroalgen kultivieren?

    Die industrielle Kultivierung von Mikroalgen zur Herstellung von Biokraftstoffen und Bioprodukten19 hat in den letzten Jahren stark zugenommen und wird auf viele verschiedene Arten betrieben, da verschiedene Algen unterschiedliche Bedingungen benötigen. Während Spirulina und Chlorella Süßwasser brauchen, kann die Mikroalgengattung Tetraselmis20 nur in Salzwasser wachsen.

    Eine Methode ist die Verwendung eines Biophotoreaktors. Bei diesem Verfahren werden Zellen der Mikroalgenspezies in kleinen Glasballons kultiviert, die Wasser und Nährstoffe enthalten, damit sie sich vermehren können, und zusätzlich werden sie mit Kohlendioxid und Licht versorgt.

    Anschließend werden die Zellen ins Freie gebracht und dem Sonnenlicht ausgesetzt, bevor sie in einen röhrenförmigen Photobioreaktor verlegt werden, wo sie mehr Sonnenlicht und Nährstoffe erhalten, bevor sie geerntet werden.

    Die Produktion von Mikroalgen befindet sich noch in den Anfängen. Die Ausweitung des Prozesses bis zu einem Punkt, an dem er die Nachfrage nach Lebensmitteln befriedigen kann, bringt mehrere Herausforderungen mit sich.21 So erfordert die Produktion viele Ressourcen, einschließlich der enormen Kosten für die Automatisierung des Prozesses, um ihn effizienter zu machen.

    Die gute Nachricht ist, dass zahlreiche Regierungen und Unternehmen versuchen, die Betriebskosten zu senken, um die Produktion von Mikroalgen kommerziell rentabel zu machen.22

    Fazit

    Mikroalgen tragen dazu bei, einige der drängendsten Probleme der modernen Welt zu lösen – wie die Ernährung einer wachsenden Bevölkerung und die Suche nach nachhaltigen Alternativen zu fossilen Brennstoffen. Und sie haben das Potenzial, bei vielen weiteren Problemen zu helfen, vorausgesetzt, es wird weiter geforscht, Interesse gezeigt und investiert.

    Während diese größeren, komplexen Probleme für die meisten von uns eine Welt für sich sein mögen, gibt es viele Möglichkeiten, Algen auch in unser eigenes Leben zu integrieren – sei es durch Brot, das mit Spirulina angereichert wurde, oder eine herzhafte Portion Sushi.

     

    EU flagDieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit ProFuture erstellt. ProFuture hat im Rahmen des Horizont 2020 Forschungs- und Innovationsprogramms der Europäischen Union Fördermittel unter der Finanzhilfevereinbarung Nr. 862980 erhalten.

     

    Verweise

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