Sicherung unserer Nahrungsmittelversorgung in der Zukunft: eine Möglichkeit für neue Lebensmitteltechnologien?

Zuletzt aktualisiert : 02 February 2018
Inhaltsverzeichnis

    Bis zum Jahr 2050 soll die Weltbevölkerung schätzungsweise die Rekordzahl von über 9 Milliarden erreichen.1 Dieser prognostizierte Anstieg, gekoppelt mit einer schnellen Urbanisierung, schafft viele Herausforderungen für die Gesellschaft und die Umwelt. Innovative Lebensmitteltechnologien bieten spannende Lösungen, mit denen wir dem steigenden Druck auf die landwirtschaftlichen Ressourcen entgegenwirken, die Nahrungsmittelverschwendung reduzieren und eine angemessene Ernährung für alle sicherstellen können. Wir untersuchen die potenziellen Möglichkeiten für drei Technologien auf ihren Beitrag zur langfristigen Sicherung der Nahrungsmittel.

    Lebensmittel drucken: Auf den Konsumenten zugeschnitten

    Mit innovativen 3D-Druckmethoden werden nachhaltige, personalisierte Lebensmittel und Ernährungsprodukte hergestellt.2 Ein automatisierter Drucker stellt Schicht für Schicht Nahrungsmittel her aus pürierten oder geschmolzenen Zutaten, z.B. Käse, Schokolade oder sogar Fleisch.3,4

    Der Nährstoffgehalt der Pürees kann kontrolliert werden.3 Durch 3D-Druck können wir gesündere Nahrungsmitteloptionen erhalten, die auf den individuellen Ernährungsbedarf abgestimmt werden können – kreativ und mit Spaß.4 Darüber hinaus ist der 3D-Druck eine vergleichsweise günstige Methode zur Herstellung individualisierter Nahrungsmittel verglichen mit den bisherigen Methoden wie die Fertigung oder das Garnieren von Hand.2

    Aus einer Nachhaltigkeitsperspektive kann dieses Verfahren auch Alternativen zum Fleisch fördern, wie z.B. Algen, Pilze, Seetang, Insekten,2 indem sie zu ansprechenden und geschmackvollen Nahrungsmittel geformt werden, um Aversionen gegen kulturell unübliche Zutaten zu überwinden (z.B. die Umsetzung gemahlener Zutaten in appetitlichere Formen und Strukturen). Das 3D-Drucken von Nahrungsmitteln befindet sich jedoch noch in einer frühen Entwicklungsphase, und es ist noch viel Arbeit erforderlich, um die Zusammensetzung der Pürees und die Druckbedingungen zu verbessern, die notwendig sind, um Geschmack und Struktur so appetitlich wie möglich zu gestalten.

    Neue Zuchtmethoden: Bessere Pflanzen machen mehr Menschen satt

    Da die Weltbevölkerung weiterhin wächst, sehen sich die Anbaumethoden der Herausforderung gegenüber, die Produktionseffizienz zu maximieren, um die Nachfrage zu befriedigen. Um diese Last zu mindern, können Methoden des Gen-Editierens den Nährwert von Pflanzen steigern und die Verluste minimieren, indem widerstandsfähige Pflanzen, z.B. mit Krankheitsresistenz, gezüchtet werden. Durch Gen-Editieren kann z.B. Raps mit langkettigen mehrfach ungesättigten Fettsäuren, wie sie in Fischfett vorkommen, produziert werden.5 Alternative Quellen dieser lebensnotwendigen Nährstoffe könnten dazu beitragen, dass der Druck auf die globalen Fischbestände reduziert wird.

    CRISPR-Cas9, die bekannteste Methode des Gen-Editierens, kann unerwünschte Gene „ausschalten“ oder ersetzen, indem diese gezielt angesteuert und aus dem Genom der Zelle herausgeschnitten werden.6,7 CRISPR-Cas9 wurde bereits dafür eingesetzt, um den Verfärbungsprozess bei Nahrungsmitteln wie Champignons und Äpfeln aufzuhalten, indem das für die Verfärbung zuständige Gen „ausgeschaltet“ wurde.8,9 Damit kann die Haltbarkeit verlängert werden, was wiederum dazu beitragen könnte, die massive Umweltbelastung durch Nahrungsmittelverschwendung zu reduzieren. Diese Technik ist nicht nur höchst effizient, vielseitig und flexibel, sondern auch preisgünstiger als vorhandene Technologien.10,11

    In vitro: Umbau der Fleischindustrie?

    Um die Nachfrage der wachsenden Bevölkerung zu decken, muss die jährliche Fleischproduktion von 200 auf 470 Millionen Tonnen steigen, basierend auf den prognostizierten Fleischkonsummustern für die Zukunft.1 Wenn einige Fleischprodukte aus der Landwirtschaft (z.B. Rindfleisch) durch Alternativen ersetzt würden, könnte dies dazu beitragen, den negativen Auswirkungen des Landverbrauchs und der Treibhausgas-Emissionen entgegenzuwirken.12 Eine Ersatzoption könnte künstliches oder Labor-Fleisch sein, d.h. aus Tierzellen erzeugtes Fleisch anstelle von landwirtschaftlichen Nutztieren.12

    Für die Produktion von künstlichem Fleisch werden Stammzellen von Tieren in einem Gefäß vermehrt, das alle notwendigen Nährstoffe für die Zellteilung und Entwicklung von Muskelgewebe (das Fleisch, das wir üblicherweise essen) enthält. Sobald die Muskelfasern reif sind, können sie geerntet und zu Nahrungsmittelprodukten, wie z.B. Burger, verarbeitet werden.13

    So wie man herkömmliches Fleisch verzehrt, ist auch künstliches Fleisch für den Verzehr sicher. Es kann sogar gesünder sein als herkömmliche Fleischprodukte, da wir mit dieser Technologie Fleisch erzeugen können, das weniger Fett und mehr Omega-3-Säuren enthält. Wir sollten aber nicht erwarten, dass diese Produkte die gleiche Struktur und den gleichen Geschmack wie herkömmliches Fleisch haben.14

    Künstliches Fleisch benötigt noch immer sehr viel Energie bei der Herstellung größerer Mengen, daher ist es fraglich, ob der Konsum von künstlichem Fleisch auf breiter Basis wirtschaftlich realisierbar ist.14,15 Die Anwendung dieser Technologie auf breiter Basis hängt von der Bereitschaft der Konsumenten ab, künstliche Fleischprodukte zu kaufen und zu verzehren. Wenn sie jedoch von den Konsumenten akzeptiert wird, vermeidet diese Art der Fleischproduktion eine Reihe von Problemen, die bei der herkömmlichen Fleischproduktion auftreten, z.B.: Tierwohl und Schlachtung, Ressourcenmanagement (Land, Futter, Wasser usw.), Antibiotikaeinsatz und Methanemissionen.13 Die nicht benötigte landwirtschaftliche Fläche könnte sogar für die Aufforstung von Wäldern oder für die Erzeugung von Bioenergie umgenutzt werden.16

    Vorschriften

    Die hier beschriebenen neuen Prozesse zur Nahrungsmittelproduktion erfordern eventuell eine Zulassung durch das geltende EU-Nahrungsmittelrecht,17,18 darunter eine Sicherheitsbewertung durch die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA (European Food Safety Authority). Eventuell muss auch die derzeitige Definition von gentechnisch veränderten Pflanzen überarbeitet werden,19  um die Gen-Editier-Techniken wie CRISPR-Cas9 zu berücksichtigen, die sich von den bisherigen Methoden der gentechnischen Veränderung unterscheiden, da sie die eigenen Gene eines Organismus umschreiben oder „editieren“ und keine fremden Gene aus anderen Organismen einbauen.

    Abschließendes Urteil

    Die neuen Lebensmitteltechnologien verschaffen uns zunehmend effizientere Optionen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit der Lebensmittelproduktion, und die möglichen Anwendungsbereiche sind vielfältig. In Anbetracht des Bevölkerungswachstums könnten diese Technologien reale Möglichkeiten zur Sicherung einer erstklassigen Nahrungsmittelversorgung weltweit bieten und dringend erforderliche Tools zur Reduzierung der negativen Auswirkungen auf die Umwelt durch die Nahrungsmittelindustrie in den kommenden Jahrzehnten liefern.

    Verweise

    1. Food and Agricultural Organization of the United Nations (FAO) (2009). How to feed the world in 2050. Rome, Italy: FAO
    2. Sun J, Zhou W, Huang D et al. (2015). An overview of 3D printing technologies for food fabrication. Food and Bioprocess Technology 8:1605-1615.
    3. Godoi FC, Prakash S & Bhandari BR (2016). 3D printing technologies applied for food design: Status and prospects. Journal of Food Engineering 179:44-54.
    4. Sun J, Peng Z, Zhou, W et al. (2015). A review on 3D printing for customised food fabrication. Procedia Manufacturing 1:308-319.
    5. Ruiz-Lopez N, Usher S, Sayanova OV et al. (2014). Modifying the lipid content and composition of plant seeds: engineering the production of LC-PUFA. Appl Microbiol Biotechnol. 99: 143–154.
    6. Liu X, Xie C,Huaijun S Yang et al. (2017). CRISPR/Cas9-mediated genome editing in plants. Methods. Published online ahead of print 14 Mar 2017.
    7. Araki M & Ishii T (2015). Towards social acceptance of plant breeding by genome editing. CellPress 20:145-149
    8. Nature, 2016. “Gene-edited CRISPR mushroom escapes US regulation.” Published 14 April 2017.
    9. Waltz E (2015). Nonbrowning GM apple cleared for market. Nature Biotechnology 33:326-327.
    10. Bortesi L & Fischer R (2015). The CRISPR/Cas9 system for plant genome editing and beyond. Biotechnology Advances 33:41-52.
    11. Quetier F (2016). The CRISPR-Cas9 technology: Closer to the ultimate toolkit for targeted genome editing. Plant Science 242:65-76.
    12. Alexander P, Brown, C, Arneth A, et al. (2017). Could consumption of insects, cultured meat or imitation meat reduce global land use? Global Food Security. Published online ahead of print 22 Apr 2017. Doi:10.1016/j.gfs.2017.04.001.
    13. Bhat ZF, Kumar S & Fayaz H (2016). In vitro meat production: Challenges and benefits over convential meat production. Journal of Integrative Agriculture 14:241-248.
    14. Post MJ & Hocquette JF (2017). New sources of animal proteins: cultured meat. New Aspects of Meat Quality. Amsterdam, The Netherlands: Elsevier
    15. Mattick CS, Landis AE, Allenby BR et al. (2015). Anticipatory life cycle analysis of in vitro biomass cultivation for cultured meat production in the United States. Environmental Science and Technology 49:11941-11949.
    16. Humpenoder F, Popp A, Dietrich, JP et al. (2014). Investigating afforestation and bioenergy CCS as climate change mitigation strategies. Environmental Research Letters 9:6
    17. Commission Regulation (EC) 258/1997, to be replaced by Regulation (EU) 2015/2283 on the 1st of Jan, 2018.
    18. Regulation (EC) 1829/2003 on genetically modified food and feed.
    19. Singh V, Braddick D & Dhar PK (2017). Exploring the potential of genome editing CRISPR-Cas9 technology. Gene 599:1-18.